Viele Jungtiere starben bei Nässe und Kälte – Um den Bestand muss man sich dennoch keine Sorgen machen Dreisamtal (hs.) Gerhard Hinz (67) war früher Teamleiter in Reisezentren der Deutschen Bahn und betreut seit vier Jahren ehrenamtlich für den Verein Weißstorch e.V. die Storchennester im Dreisamtal. Er übernimmt die Beringung der Jungstörche und berät bei Bedarf auch rund um das Thema Storchennest. Herr Hinz, wie war das Storchenjahr 2024? Wir hatten im Dreisamtal 2024 mit 19 Nestern vier Nester mehr als im Jahr zuvor. Das Futterangebot war für die Störche aufgrund der vielen Niederschläge hervorragend. Aber genau in diesen Niederschlägen und Kälteeinbrüchen Anfang Mai lag der Grund, dass zahlreiche junge Störche das Frühjahr 2024 nicht überlebt haben. Immerhin konnten nach den kritischen Maitagen noch 25 Jungtiere zwischen Littenweiler und Oberbirken gezählt werden. Neben dem Verlust einzelner Tiere einer Brut gab es leider auch komplette Verluste wie in der Dannemannstraße in Littenweiler, in Zarten auf dem Dach des Gasthaus Bären und in Stegen auf der Tanne am Kreisverkehr. Die erfolgreichsten Störche waren die Paare auf einer Fichte im Schlosspark in Ebnet, auf dem Gelände der Firma Wandres in Stegen sowie auf der St. Gallus Kirche in Kirchzarten mit jeweils drei Nachwuchsstörchen, die flügge wurden. Muss man sich nach den Ausfällen im Jahr 2024 Sorgen um den Storchenbestand machen? Um den Bestand der Art müssen wir uns keine Sorge machen. Seit 2018 hat sich die Population beispielsweise im Großraum Freiburg zwischen Müllheim und Lahr sowie zwischen Breisach und Kirchzarten mehr als verdoppelt. In dieser Region besiedeln jeden Sommer rund 500 Störche 250 Nester. Gibt es mancherorts auch Probleme mit den Storchennestern? Nicht immer ist der von den Störchen gewählte Platz unproblematisch. In Stegen hatte sich ein Storchenpaar den übergroßen Flutlichtscheinwerfer vom Kleinfeld-Kickplatz des Sportvereins zum Nestbau ausgeschaut. Das Nest wurde in Absprache mit dem Verein Weißstorch e.V. noch vor Ostern abgebaut. Über die Ostertage hatten die beiden Störche aber eifrig neu gebaut und waren kurz darauf schon am Brüten. Damit gab es aufgrund der naturschutzrechtlichen Vorgaben keine Chance mehr, das Nest vor dem Herbst erneut abzubauen.
Wenigstens stellt sich mit einem Jungen ein Bruterfolg ein, bevor das Nest im Spätjahr abgeräumt und der Scheinwerfer gegen einen neuen Nestbau gesichert wurde. Sie kümmern sich auch um die Beringung der Jungstörche. Welche Störche werden beringt? Im Auftrag der Vogelwarte Radolfzell beringen wir Jungstörche auf Nestern, die wir gut erreichen können. Mittels der Ringe können die Tiere identifiziert werden und so ihr Zugverhalten verfolgt werden. Im Dreisamtal haben wir 2024 mit Hilfe der Firma Wandres und mit Helfern bei Feuerwehr und EWK mit Hebebühnen oder Feuerwehrleitern die Nester bei Wandres in Stegen und in Zarten bei der Gärtnerei erreichen können und haben die Jungtiere beringt. Die drei Jungstörche auf der St. Gallus-Kirche in Kirchzarten, Maxi, Gabo und Frankie, wurden im Zuge der Beringung für wissenschaftliche Zwecke erstmalig zusätzlich mit Minisendern versehen. Über die kostenlose App Animal Tracker des Max-Planck- Instituts können Interessierte den Weg der Kirchzartener Störche verfolgen. Was weiß man über den Verbleib dieser drei Jungstörche aus Kirchzarten? Alle drei haben sich Anfang August auf die Reise nach Süden gemacht. Maxis Sender hat leider schon im September in Spanien, in der Nähe von Gibraltar, keine Bewegungen mehr gemeldet, was ziemlich sicher bedeutet, dass sie nicht mehr lebt. Die Sender ihrer beiden Brüder senden Signale aus Afrika. Danach befindet sich Gabo derzeit in Mali und Frankie in Marokko. In Kürze dürften sie den rund 3.000 bis 4.000 Kilometer langen Rückflug nach Deutschland antreten. Werden die Jungstörche wieder an ihren Geburtsort, sprich ins Dreisamtal, zurückkehren? Es lässt sich nicht vorhersagen, wo sich die Störche ansiedeln werden. Edgar und Ulla, das Storchenpaar auf dem Kirchturm in Kirchzarten, sind beispielsweise in Buggingen und Denzlingen geboren. Die Jungstörche, die ins Dreisamtal kommen, müssen ein neues Nest bauen oder ein noch nicht besetztes Nest erobern. Wir dürfen gespannt sein, an welchen neuen Stellen die Störche in diesem Frühjahr wieder bauen werden.
Das Gespräch führte Heike Schwende
Der Verein
Der Bestand der in Stadt und Land so beliebten Weißstörche nahm, hervorgerufen durch die Umwandlung der bäuerlichen Landwirtschaft in den 60er und 70er Jahren dramatisch ab.
Ursache war die massive Trockenlegung ganzer Landstriche und die Bevorzugung des Maisanbaus und damit die Zerstörung des natürlichen Lebensraumes der Störche.
Der Verein betreut zur Zeit 222 Storchennester in 61 verschiedenen Ortschaften. Auf einer Landkarte zeigen wir Ihnen die Standorte und in einer Auflistung der Ortschaften gibt es zum Teil weitere Informationen zu einzelnen Nestern.
Unser Verein erhält sich allein nur durch Spenden der vielen Storchenfreunde unserer Region. Ausgaben haben wir für den Erhalt der vielen Nester und für die Pflegestation in Reute. Futterkosten entstehen für die Störche in der Voliere. Wir freuen uns über jede Unterstützung...