Die Störche haben mit dem Brüten begonnen

GUNDELFINGEN (BZ). In Gundelfingen haben die Störche mit dem Brüten begonnen. Das erste Ei wurde bereits am 29. März gesehen. Inzwischen seien zwei oder auch drei Eier dazugekommen, teilte Dieter Engelbrecht mit, der sich in Gundelfingen um die Störche kümmert. Die Brutdauer beträgt ihm zufolge zirka 32 Tage. So könne man Ende April mit geschlüpften Jungen rechen. Diese wiegen dann zwischen 70 und 75 Gramm. Die Altvögel wechseln sich beim Brüten ab.

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Störche auf dem Dach der Dorfkirche Gundelfingen

Weißstörche brüten sicherlich seit alten Zeiten auf der evangelischen Kirche in der früheren Dorfmitte. Diese ragt deutlich über die alten Bauernhäuser und neuen Wohnhäuser hinaus und bietet sich als Nistplatz an.

Im Jahre 1827 ist dieses Nest erstmalig öffentlich erwähnt worden. Über die Vorgänge am Horst von 1894 bis 1930 hat der Gundelfinger Oberlehrer Sperling sehr anschaulich berichtet.

Bis in die 50er Jahre nisteten hier noch regelmäßig Störche. Dann änderte sich das Umfeld des Dorfes gewaltig. Die Landwirtschaft wurde mechanisiert und intensiviert, es gab einige Flurbereinigungen, die vielen feuchten Wiesen wurden entwässert und die Ackerflächen in Maisfelder umgewandelt. Dazu wurde die Landschaft zerstückelt durch Straßen-, Wohn- und Industriebauten. Es gab keinen Lebensraum mehr für Störche. 30 Jahre zuvor, genau von 1962 an, hatten die Vögel das Dorf gemieden, weil es durch die damalige Landwirtschaftspolitik zu einem für Störche unbewohnbaren Ort geworden war. Da erschien es den Gundelfingern 1993 wie ein Wunder: Störche nisteten mit Erfolg auf dem alten Kirchturm und brachten gleich drei Junge durch. An den Ringen konnte die Storchenfreunde feststellen, dass es sich um ausgewilderte Vögel aus dem Wiederansiedelungsprogramm der Landesregierung handelte, die im Odenwald aufgezogen worden waren. Im Winter zuvor hatten Durchzieher auf dem Rest des alten Nestes einige Tage gerastet. Das war das Signal für die Storchenfreunde. Schlosser Engler errichtete noch im Winter eine neue Plattform. Im Februar war das Nest von einem Brutpaar besetzt. - Seit 1993 wurden jedes Jahr 3, 4 und sogar 5 Eier gelegt, aus denen durchschnittlich 3 Junge, 2006 sogar 4 Junge flügge wurden. Die Gundelfinger Bürger wandelten sich zu beständigen Storchliebhabern. Konnte sie doch das Familienleben der Vögel nun im Frühjahr und Sommer über Video in die Johann- Peter- Hebel- Schule und im Rathausfoyer verfolgen. - Auch die umliegenden Gemeinden haben durch die Bemühungen der Storchenfreunde wieder ihre Störche bekommen.- Ein besonderes Phänomen ist es, dass die Altstörche über Winter hier bleiben. Sie ernähren sich bis auf die Frost- und Schneetage selbst, ansonsten wird zugefüttert, Unsere Jungstörche ziehen aber alle nach Westafrika und sogar bis nach Mali zum Niger. Bewiesen wurde das durch einen Ringfund in Mali (1999) und regelmäßige Ablesungen der Ringnummern von überfliegenden Störche an der Meerenge von Gibraltar. - Um das Nest bei uns gibt es fast jedes Jahr heftige Kämpfe. Zeigt der Platzhalter irgendwelche Schwächen, wird er vom rivalisierenden Storch vertrieben. 2002 zerstörte der Rivale die schon gelegten Eier und die Störchin bemühte sich um ein neues Gelege, was dann zum Bruterfolg führte. Die Jungen, die meistens vor Pfingsten schlüpfen, haben große Probleme mit dem nassen und kalten Wetter um diese Zeit. Starker Regen oder anhaltender Niederschlag durchnässt ihr Gefieder und es kommt wegen Unterkühlung zu Verlusten. Dann muss schnell gehandelt werden wie im Jahr 2006. Die kleinsten Jungen wurden herausgenommen und in die Storchenpflegestation nach Reute gebracht. – Ein Gundelfinger Storch, der hier geborenen und aufgezogen wurde, brütet seit 1997 erfolgreich in Bad Waldsee.

(Dieter Engelbrecht, aus der Gundelfinger Chronik  "Gundelfingen und Wildtal, die Geschichte beider Orte zum 1000jährigen Jubiläum Gundelfingens", Gemeinde Gundelfingen 2008)